Kanalnetze früher

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2018-09-17 10:52:00


Blickt man auf die Geschichte der Kanalnetze von früher, so finden sich erste Aufzeichnungen über Kanalisationen von vor über 5.000 Jahren. Es ist unvorstellbar, mit welchem Aufwand der Aufbau und der Betrieb verbunden war, denn elektrische Energie oder Baumaschinen existierten damals nicht. Dennoch blieb es unseren Ahnen nicht verborgen, wie nützlich eine funktionierende Kanalisation für eine Zivilisation ist. Spätestens im Römischen Reich wurden flächendeckend Kanalisationen errichtet, wenngleich diese nicht mit heutigen Kanalnetzen vergleichbar sind. Die heutigen Überreste der Cloaca Maxima in Rom zeugen vom großen Aufwand. Mühevoll gezimmerte Kanäle, Rohre und Abläufe waren alles andere als einfach zu konstruieren.

Die Industrialisierung trieb die Entwicklung voran

Historische europäische Kanalisation

Das Wissen um die Nützlichkeit von Kanalisationen war bereits zu frühen Zeiten hinlänglich bekannt. Großflächig etablieren konnten sich Kanalisationen allerdings erst mit der unaufhaltsam fortschreitenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Das erste moderne deutsche Kanalnetz entstand ab 1856 in der Hansestadt Hamburg. Die Errichtung und der Betrieb von Kanalnetzen machte spätestens ab diesem Jahr eine rasante Entwicklung durch. Die steigenden Wassermengen erforderten eine planvolle Abwasserwirtschaft. Auch die fortschreitende Wasserversorgung von Haushalten und Unternehmen beeinflusste die Entwicklung. 

Trotz des großen Nutzens waren Kanalnetze früher nicht immer zielführend. Fehlplanungen und mangelndes Wissen führten zu hohen Kosten. Typisch für Kanalnetze früher war der große Aufwand bei der Errichtung. Gräben mussten ausgehoben werden und Rohrsysteme mühevoll Stein auf Stein errichtet werden. Einfacher wurde die Errichtung durch die Verfügbarkeit von Betonkomponenten, die die Errichtung nachhaltig beschleunigten. Beton war langlebig, stabil und erlaubte eine relativ sichere Ableitung von Abwasser. 

Kanalisationen Kanalnetze früher

Kanalisation in der Nachkriegszeit

Nach Ende des zweiten Weltkrieges und in Zeiten des Wirtschaftswunders war Beton die erste Wahl. Mit großem Aufwand wurden Kanalisationen aus Betonkomponenten errichtet oder Instand gesetzt. Noch funktionsfähige alte Kanalsysteme wurden in die neuen integriert. Da zahlreiche Komponenten über viele Jahrzehnte zuverlässig funktionierten, machten sich viele Städte und Gemeinden keine Gedanken um die Zukunft ihrer Kanalnetze. Doch wie jeder Werkstoff hat natürlich auch Beton und insbesondere Gemäuer eine begrenzte Lebensdauer. Vielerorts wurde also eine Sanierung nötig, die sich jedoch als kompliziert erwiesen.
 

Zwar stehen in der Zwischenzeit kräftige Maschinen zur Verfügung, durch die immer dichtere Besiedlung und aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen, wurde dies kaum einfacher. Glücklicherweise gab es Pioniere, die nicht mehr nur auf herkömmliche Komponenten und Vorgehensweisen setzten, sondern Innovationen vorantrieben. Insbesondere die Verwendung von Kunststoff, der auch für viele Wavin Komponenten verwendet wird, schaffte Abhilfe. Im Vergleich zu Beton stellen Kunststoffkomponenten eine deutliche Weiterentwicklung dar. Auch aus dem Grund, dass Kunststoffkomponenten die Anwendung vollkommen anderer Verlegeverfahren ermöglichten.

Kanalnetze früher und heute

Insbesondere die flächendeckend notwendige Sanierung von Kanalnetzen trieb Innovationen voran. So ist es etwa auf städtischem Gebiet kaum hinnehmbar, wichtige Straßen über lange Zeit für Sanierungsarbeiten zu sperren, auch wenn ein Kanalnetz unverzichtbar ist. Systemlösungen von Wavin zur Abwasserentsorgung erlauben dies. Produktreihen wie X-Stream, Compact Pipe oder PE 100 Standard sind für die grabenlose Verlegung geeignet und haben nur geringe Auswirkungen auf das Leben in städtischem Gebiet.
 

Bestimmte Lösungen erlauben sogar eine vollkommen sichere Verlegung in vorhandenen Altrohren und somit eine besonders kosteneffiziente Kanalsanierung. Die Überdimensionierung früherer Kanalsysteme kommt Wavin dabei zugute. Vielerorts ist eine Verkleinerung des Rohrdurchmessers überhaupt kein Problem. Ist das Gegenteil der Fall, können hingegen Verlegeverfahren zum Einsatz kommen, die auch dieser Problemstellung gerecht werden. 

 

Hamburg - Vorreiter eines Kanalisationsnetzes

Hamburg ist vor 176 Jahren ein Vorreiter mit dem Bau eines Kanalisationsnetzes gewesen. Noch heute wird alles darangesetzt das Kanalnetz zu sanieren und aufrecht zu erhalten. Denn noch immer sind Teile der damaligen Backsteinkonstruktion im Betrieb.

 

Wann wurde die Kanalisation in Hamburg erfunden?

Historische europäische Kanalisation - Teil Eins

Dies ist der erste in einer Reihe von Blogs, die die wichtige Rolle und historische Bedeutung unserer unterirdischen Abwasser- und Entwässerungssysteme in städtischen Gebieten in ganz Europa untersuchen wird. Heute werfen wir einen kurzen Blick auf die Geschichte der Kanalisation in Hamburg.

Eingang-histroische-Kanalisation

Eingang zur historischen Kanalisation von Hamburg

Historische-Kanalisation

Historische Kanalisation von Hamburg

Wartung-Kanalisation

Wartung der Kanalisation von Hamburg

Trockener-Kanalisationsbereich

Trockener Kanalisationsbereich in Hamburg

Ein Blick aus der historischen Perspektive

Als die ältere Hälfte der Stadt Hamburg in den 1840er Jahren niedergebrannt war, musste ein neues Abwassersystem gebaut werden. Ein brillanter englischer Ingenieur, William Lindley, entwarf ein revolutionäres System, das durch die Dachabläufe aller angeschlossenen Gebäude verlief. Lindley nutzte die Natur selbst als Spülkraft und baute ein System, das - einmal pro Woche - das Gezeitenwasser zur Reinigung der neuen Hauptkanalisation nutzte. Die Installation des neuen Systems begann 1842. Auch fünfundzwanzig Jahre nach dem Bau waren die Kanäle noch immer sauber und nahezu geruchsfrei. Dieses städtische Kanalisationskonzept setzte sich durch und Städte in ganz Europa - und auch in den Vereinigten Staaten - begannen zu folgen. Viele dieser historischen Abwasserkanäle gibt es auch heute noch - darunter auch in der Stadt Hamburg.

"Mein Herz flattert, wenn ich das Wort 'historisch' höre! Diese alten Abwasserkanäle haben noch Seele für mich. Sie erinnern mich an eine Zeit, in der Handwerker/Maurer, durch den Schweiß ihrer Stirn, mühsam und mit viel Liebe zum Detail, diese alten Abwassersysteme bauten.

Es ist mir sehr wichtig, dass diese historischen Systeme gut gepflegt werden, damit sie aufgrund des scheinbar historischen Wertes des Hamburger Entwässerungssystems - das wir teilweise erhalten müssen - in optimalem Zustand bleibt."

Hans-Joachim Hoch , Bezirksleiter - Hamburg Wasser

Verwalter des Untergrundes

Herr Hans-Joachim Hoch, Bezirksleiter der Wasserversorgung Hamburg Wasser, hat seine Entscheidung nicht bereut, unterirdischer Verwalter des Bezirks zu werden. Er arbeitet nach dem Motto "im Dienste der Umwelt und unserer Bürger - und trägt dazu bei, das Wasser der Stadt sauber und sicher zu halten". Und er nimmt diese Verantwortung sehr ernst - so sehr, dass er viel Zeit für die Aufklärung der Öffentlichkeit (durch Fernsehsendungen, Pressegespräche und Videos) und Lobbyarbeit "für mehr Verständnis und Respekt für die tägliche Arbeit der Kanalarbeiter in den Hamburger Wassersystemen" aufwendet. Wie in diesem Video (unten) eindeutig zuerkennen ist, liebt Herr Hoch offensichtlich seine ArbeitNDR Screenshot

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/die_nordstory/Hamburg-von-unten-Die-Stadt-unter-der-Stadt,dienordstory350.html

Herausforderungen des 21. Jahrhunderts mit alten Abwasserleitungen

Mindestens einige hundert Kilometer der ursprünglichen Abwasserkanäle sind heute noch vorhanden - und das in ziemlich gutem Originalzustand. Einige wurden beispielsweise mit einem neuen Liner ausgestattet.  Dennoch gibt es auch heute noch einige Herausforderungen zu meistern.

In den ersten Tagen der Kanalisation spülten die Hausfrauen nur ihr Geschirr und ihre Kleidung mit Seife. Heute finden unzählige chemische Reinigungsmittel ihren Weg in die Kanalisation und bilden einen unbekannten und ständig wechselnden chemischen Cocktail. Dies greift die Substanz des Mauerwerks und seiner Fugen an.
Das zweite Problem ist der Fettaufbau, der die Kanalisation verstopfen kann - besonders jetzt, wo Regenwasser und Kanalwasser oft getrennt werden. In den alten Abwasserkanälen gibt es weniger Durchfluss, so dass Verstopfungen ein immer größeres Risiko darstellen
Hans-Joachim Hoch , Bezirksleiter - Hamburg Wasser

Es gibt noch einen weiteren Grund zur Sorge: Die Stadt hat jetzt mehr Stauraum und deshalb fließt bei Regen weniger Wasser in die Kanalisation. Bei geringerem Wasserdurchfluss sammelt sich mehr Schmutz im System an, was zu Problemen für die Infrastruktur führt.

Auf die Frage, welchen Rat er heute den Ingenieuren bei der Planung von Stadtkanälen geben würde, antwortete Herr Hoch:

"Denken und beachten Sie von Zeit zu Zeit die innovativen Ideen unserer Vorfahren (z.B. Reinigung mit Abwasser, Schwallspülung, gezielte Ableitung von Abwasserströmen, die sich wöchentlich unterscheiden). Moderne Hochdruckreiniger können nicht alles."

Hans-Joachim Hoch , Bezirksleiter - Hamburg Wasser

Das sind Ratschläge, die es wert sind, gehört zu werden!

Einen Blick in die Geschichte der Hamburger Kanalisation werfen

Die Entwicklung des Kanalmanagements im Laufe der Geschichte ist sehr faszinierend. Veränderte sozioökonomische Bedingungen, Stadtstrukturen und die Umwelt haben eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung, dem Bau und der Wartung dieser Systeme gespielt. In Hamburg wird man Ihnen auf Wunsch eine Führung geben. Herr Hoch schlägt vor, zunächst eine kleine Jugendstil-Pension zu besuchen, die eigens für einen Besuch des Bundeskanzlers gebaut wurde. In der angrenzenden Garderobe befindet sich auch eine Bootskammer.  Sehenswert ist auch der Haupteingang der historischen Kanalisation - unter der lombardischen Brücke von 1868 - sowie die Kanalisationskreuzung an der Hafenstraße. Der ursprüngliche Zustand des alten Altonaer Grenzsiels an der Straße Pepermöhlenbek wird derzeit renoviert.

Weitere Informationen zur privaten Besichtigung der historischen Kanalisation in Hamburg finden Sie auf der Facebook-Seite von Hamburg Wasser.

Und bleiben Sie dran, wenn Wavin die Erforschung der historischen Abwassersysteme in Europa in unserer kommenden Blog-Serie fortsetzt.