Klimagerecht - vom Dach bis in den Boden!

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2018-12-03 13:54:00


Ganzheitliche Konzepte zur Wiederherstellung des Regenwasserkreislaufs

 

Der natürliche Regenwasserkreislauf ist in vielen Gebieten nicht mehr voll funktionsfähig bzw. muss durch entsprechende Systeme und Lösungen nachhaltig unterstützt werden. Die Hintergründe und Ursachen sind vielfältig und variieren je nach Standort, Zustand der Systeme aber auch nach den lokalen Möglichkeiten.

Die zunehmende Flächenversiegelung, die Veränderungen der Umweltbedingungen mit immer stärkeren Regenereignissen und die resultierenden Folgen für Mensch und Umwelt dürften hinlänglich bekannt sein. Umso wichtiger ist es, ganzheitliche Konzepte zur Wiederherstellung des Regenwasserkreislaufes so früh wie möglich anzusetzen. Eine nachhaltige und effektive Regenwasserbewirtschaftung beginnt bei jedem Grundstück auf dem Dach und endet erst mit der Versickerung im Boden.

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Es gilt die einzelnen Phasen des natürlichen Kreislaufes nachzustellen und entsprechend leistungsfähige Systeme einzubinden. Erforderlich sind komplette Lösungen zum Sammeln, Ableiten, Vorbehandeln, Versickern, Rückhalten sowie Drosseln von Regenwasser.

Sammeln:

Je nach vorhandener Fläche gibt es mittlerweile zahlreiche Systeme zum Sammeln von Regenwasser, ob z.B. von befestigten Flächen wie Straßen oder Parkflächen  oder auch von Dachflächen. Am Beispiel der Flachdachentwässerung soll eine Möglichkeit näher betrachtet werden. Die Herausforderung bei besonderes großen Flachdächern besteht in der Wassermenge, die kurzfristig und zielgerichtet abgeleitet werden muss. In den letzten Jahren wird hier sehr erfolgreich das Unterdruckdachentwässerungssystem eingesetzt. Hierbei wird das Entwässerungssystem so konstruiert, dass keine Luft in die Rohrleitung eintreten kann und das Regenwasser im Prinzip vom Dach gesogen wird. Dazu sind spezielle Dacheinläufe, ein entsprechendes Rohrsystem und eine systemgerechte Verlegung erforderlich. Der Vorteil liegt in der kleineren Rohrdimensionierung sowohl für die Fall- als auch den Grundleitungen und dem somit geringerem Materialeinsatz. Mit den neuesten Dacheinlaufsystemen lassen sich bis zu 24 l/s bei nur 30 mm Anstauhöhe entwässern. Dies wirkt sich positiv auf die Anzahl der Dacheinläufe, die statischen Anforderungen der Dachkonstruktion und final auf die Gesamtkosten aus.

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Abb.: Dachablauf Wavin QS-P+

Ableiten:

Das Wasserhaushaltsgesetzt (WHG) schreibt vor, Regenwasser, wenn möglich, schon auf dem Grundstück zu versickern oder in Trennsystemen abzuleiten. Ist dies nicht umsetzbar kann auch eine Ableitung in Mischsystemen erfolgen. Die Anforderungen sind jedoch in allen Fällen gleich, es sind dichte Systeme erforderlich, mit denen das Abwasser sicher abzuleiten ist. Es stehen hierzu Kunststoffrohrsysteme in fast allen erforderlichen Dimensionen zur Verfügung, um das Regenwasser getrennt vom Schmutzwasser uns schließlich über ein Versickerungssystem dem Grundwasser wieder zuzuführen.

Vorbehandeln:

In der Regel ist jedes aufgefangene Regenwasser einer Vorbehandlung zu unterziehen. Abhängig von der Fläche auf der das Regenwasser anfällt, bzw. vom Verschmutzungsgrad sind die jeweiligen Systeme zu nutzen. Selbst eine einfache Filterung von Laub und Sandpartikeln z.B. um eine Versickerungsanlage vor Verunreinigungen zu schützen ist bereits eine Vorbehandlung. Eine derartige Reinigung wird durch eine Sedimentationsanlage erreicht. Durch technisch ausgereifte Anlagen können Flächen von 15.000m² und mehr von Sedimenten sowie Schwimm- und Schwebstoffen gereinigt werden. Die Auslegung der Anlagen erfolgt gemäß dem Merkblatt DWA M 153. Die anschließbare Fläche wird dann nach dem Durchgangswert, dem Analgentyp und der Regenspende ermittelt. Für eine Reinigung von wasserlöslichen Stoffen wie sie z.B. bei Zink- und Kupferdächern auftreten, werden zusätzliche Filter eingesetzt. Hier können Substratfilterschächte eingesetzt werden, die in der Lage sind, gelöste Stoffe aus dem Regenwasser zu filtern. Eine regelmäßige Wartung der Systeme gewährleistet dabei einen langjährigen und sicheren Betrieb.

Versickern und Rückhalten:

Der Unterschied liegt vorrangig in der Ummantelung der Systeme. Bei der Versickerung wird mit einem wasserdurchlässigem Flies gearbeitet, bei der Rückhaltung wird eine dichte und verschweißte Folie, meist aus PE oder EPDM verwendet. Die Versickerungseinheiten sind bei beiden Anwendungsfällen identisch. Überall dort, wo eine Versickerung aus geologischen Gründen nicht möglich ist, aber große Mengen Regenwasser anfallen ist eine Rückhaltung sinnvoll. So können bei Starkregenereignissen die anfallenden Regenwassermengen unterirdisch aufgefangen, zwischengespeichert und dann verzögert abgeleitet werden. Die Fläche oberhalb der Rigole, kann wie bei einer Versickerung z.B. für Parkflächen, selbst bei Schwerlastverkehr, genutzt werden. Für die ortsnahe Versickerung stehen die Versickerungsblöcke aus Kunststoff seit Jahrzehnten zur Verfügung. Die Entwicklung ist auch in diesem Bereich weiter fortgeschritten. So gibt es heute Systeme, die den hohen Belastungen durch Schwerlastverkehr oder große Einbautiefen problemlos standhalten. Um auch nach Jahren die Funktionsfähigkeit sich zu stellen, sollte das System in allen Lagen inspizierbar sein und eventuell angefallener Schmutz mit herkömmlichen Spülgeräten entfernt werden können. Eine schnelle Verlegung ohne zusätzliche Montagehilfsmittel oder Verbinder sowie eine hohe Designflexibilität ermöglichen wirtschaftliche Lösungen zur ortsnahen Versickerung von Regenwasser mit Kunststoffversickerungsblöcken.

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Abb.: Rückhaltung und Versickerung mit Kunstoffblöcken Typ Wavin Q-Bic Plus

Drosseln:

In vielen Anwendungsfällen geht es um eine verzögerte Ableitung als auch Einleitung von Regenwasser. Dieser Effekt wird beim natürlichen Kreislauf z.B. durch den Rückbau von Flussbegradigungen oder auch durch Ausnutzen von Geländestrukturen erzielt. Bei der Ableitung durch Rohrsysteme wird dieser Zustand durch spezielle Drosselelemente erreicht. Die unterschiedlichen Drosseln werden in Schächte oder andere Bauwerke eingesetzt um den Abfluss von Regenwasser zu regulieren. Das Wirbeldrosselsystem bietet hier entscheidende Vorteile gegenüber vielen anderen. Die Wirbeldrossel besitzt keine beweglichen Teile und ist dadurch Wartungs- und Verschleißarm. Es ist weder eine Fremdenergiezufuhr oder Steuerung notwendig. Wirbeldrosseln aktivieren und regulieren sich selbst und sind entsprechend der Anstauhöhe in m und des Bemessungsabflusses Q in l/s  genau zu dimensionieren. Somit kann das erforderliche Speichervolumen vor dem Drosselorgan deutlich reduziert werden.

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Abb.: Wirbeldrossel Wavin Vortex Plus

Fazit:

Hochwertige und ganzheitliche Konzepte können somit helfen, den natürlichen Regenwasserkreislauf nachhaltig wieder herzustellen. Der vorrausschauende Einsatz der Systeme gewährleistet einen klimagerechten Umgang mit unserem Regenwasser. Nicht nur die offensichtlich immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse sollten ein Grund sein, frühzeitig das Thema Regenwasserbewirtschaftung in die Betrachtungen einzubeziehen. Auch die Ressource Trinkwasser steht ohne entsprechende Maßnahmen nicht unendlich zur Verfügung. Die Einhaltung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) und des Wasserhaushaltsgesetztes (WHG) unterstützen hierbei den ganzheitlichen Ansatz für einen Regenwasserkreislauf vom Dach bis in den Boden.

 

Dipl.-Wirtschaftsing. Günter Brümmer , Wavin GmbH Twist